Bürgerwelle
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Onde Civiche
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Gemeinsame
Presse-Information des Netzwerks Bürgerwelle Südtirol und der
Verbraucherzentrale Südtirol
Bozen, 20.12.2024
Die
Telekommunikationsbranche verteilt überall 5G-Antennen und sorgt in der Zwischenzeit
dafür, dass sich die Verbraucher keine allzu großen Sorgen über die möglichen
schädlichen Auswirkungen dieser Technologie machen müssen. Besonders jetzt,
wo Weihnachten vor der Tür steht und es Zeit für Geschenke ist! Smartphones
seien überhaupt nicht gefährlich, „das sagen neue Studien“: das ist die beruhigende
Nachricht. Schade nur, dass es sich um einen Versuch handelt, das Vertrauen
der Verbraucher zu missbrauchen.
Im Jahr 2011 stufte die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) hochfrequente
elektromagnetische Felder (HF-EMF) aufgrund eines evidenzbasierten erhöhten
Gliomrisikos bei Vielnutzern von Mobiltelefonen als „möglicherweise krebserregend“
ein,
wobei sie die epidemiologischen Belege beim Menschen als „begrenzt“ und die
Beweise bei Tieren als „unzureichend“ ansah. Um auf die höhere Stufe der „wahrscheinlichen
Karzinogene“ aufzusteigen, waren Studien an Labortieren erforderlich.
Schließlich
wurden zwischen 2016 und 2018 vom National Toxicology Program in den USA und
vom Ramazzini-Institut in Italien die erforderlichen Studien vorgelegt, die
einen statistisch signifikanten Anstieg bösartiger Gliome im Gehirn und seltener
Herztumore zeigten. Die wissenschaftlichen Beweise sind vorhanden, haben sich
im Laufe der Jahre weiter verfestigt und sind solide (es wurden mehr als 10.000
Artikel veröffentlicht), doch die institutionellen Linien folgen meist den leugnenden
Positionen, weit entfernt vom Vorsorgeprinzip.
Anfang 2024 empfahl eine beratende Gruppe der IARC erneut, dass die Agentur
die Einstufung von RF als Priorität neu bewerten sollte. Und dann kommt eine
Studie (Karipidis et al. 2024) von Wissenschaftlern im Auftrag der WHO, die
einen kausalen Zusammenhang zwischen Mobiltelefonen und Krebs ausschließen würde!
Die Behauptung wird sogar so dargestellt, als käme sie von der WHO selbst, aber
sie ist nicht wahr.
Seien wir ehrlich: Die „beruhigenden“ Studien stammen von der ICNIRP, die nach
Ansicht unserer Kollegen vom deutschen Verbraucherschutzverein Diagnose:Funk
eine Organisation ist, die spezielle Interessen der Industrie schützt. „ Millionen
Erwachsene und Kinder werden nun sorglos das Smartphone weiter nutzen, ohne
zu wissen, dass die Gesundheitsrisiken erwiesen sind. Wir haben es hier nicht
mit einem Einzelfall zu tun, nein, das ist ein System.“ So Peter Hensinger,
Vorstand von Diagnose:Funk.
“Die Zweifel an der Arbeit von Karipidis“, so Prof. Fausto Bersani, Experte
von Federconsumatori (RN) und Mitglied des wissenschaftlichen Ausschusses von
ISDE Italia, der Vereinigung von Ärzten für die Umwelt, “sind vor allem darauf
zurückzuführen, dass es sich nur um eine Überprüfung auf epidemiologischer Basis
handelt, ohne Bezug auf Studien an Tieren, d.h. wir sind paradoxerweise wieder
bei der Situation vor 2011 gelandet.
Außerdem stellen die Autoren fest, dass ihre Ergebnisse im Einklang mit früheren
Untersuchungen stehen – und dabei vergessen sie zu erwähnen, dass Karipidis
selbst im Jahr 2018 zu ähnlichen Ergebnissen gekommen war, allerdings unter
Ausschluss von Personen über 59 Jahren aus seiner Analyse. Damit ignorierte
er das größte Segment der Hirntumor-Population, im Durchschnitt über 60 Prozent,
und garantierte so ein risikofreies Ergebnis.
Die äußerst beruhigende Auslegung dieser Studie durch die Medien - so Prof.
Bersani weiter - könnte sowohl zu einem unbekümmerten Umgang der Bevölkerung
mit der drahtlosen Technologie als auch zu einer weiteren Anpassung der Grenzwerte
nach oben führen, die in Italien ab Dezember 2023 bereits erfolgte (die gesetzliche
Regelung brachte eine Korrektur von über 150% gegenüber dem vorherigen Wert)“.
In der Zwischenzeit, ausgerechnet um Weihnachten, kursieren nur „beruhigende“,
oft falsche Nachrichten, und mittlerweile gibt es Konsumenten, die sich an die
Verbraucherzentrale wenden, um uns darauf hinzuweisen, dass die Mobilfunkstrahlung
jetzt nicht mehr schadet...
Unsere einzige Antwort ist, dass wir weiterhin unabhängige Information verbreiten
und darüber aufklären werden, dass die Risiken wohlbekannt und durchaus vorhanden
sind. So wie wir es in den letzten 30 Jahren Tag für Tag getan haben.